Zwei Tage nach Manchester

Ja, auch ich bin sauer – uns zwar stinksauer – über das, was in Manchester passiert ist. Und dass wir nun noch mehr unsere Volksfeste und Veranstaltungen „verrammeln“ sollen, um einen vermeintlichen Schutz aufzubauen, kann meine Wut keineswegs verringern.

Sauer bin ich aber auch über die Zeitgenossen (und interessanterweise insbesondere „Zeitgenossinnen“, denn Frauen scheinen hier den Ton anzugeben), die momentan einem unreflektierten Fremdenhass das Wort zu reden scheinen – das geht bis zum „ab ins Gas“, wie ich es gerade wieder auf Facebook lesen musste.

Wen sollen wir denn hier „rausschmeißen“? Jeden muslimischen Mitbürger, der seit Jahrzehnten treu und brav in Deutschland seine Arbeit tut und am Freitag in seine Moschee geht? Jeden Flüchtling aus Syrien, der darauf hofft, dass er für die verabscheuungswürdigen Taten von Menschen, die seine Hautfarbe tragen und Sprache sprechen, aber hier geboren sind und bereits in 2. oder 3. Generation in Deutschland leben, nicht in „Sippenhaft“ genommen wird?

Oder müssen wir nicht vielleicht doch eher den Co-Piloten einer Fluggesellschaft „rausschmeißen“, der mit einer einzigen Tat um ein Mehrfaches mehr Menschen getötet hat als die Terrorattacken in Deutschland der vergangenen Jahre zusammen?

Oder vielleicht doch eher die Autofahrer, die alleine im vergangenen Jahr 2016 den Tod von etwa 3.300 Menschen alleine in Deutschland auf ihr Gewissen geladen haben?

Gerade letzteres scheint in Deutschland zum „Grundrauschen“ unserer Gesellschaft zu gehören; so richtig regt sich darüber nun wirklich niemand auf, obwohl gerade der motorisierte Straßenverkehr in jedem Jahr einen hohen Blutzoll fordert. Wir nehmen das als Kollateralschaden einer modernen Gesellschaft – genau so wie einen kriminell herbeigeführten Flugzeugabsturz – einfach hin.

Aber warum in aller Welt reagieren viele Leute gerade bei Ereignissen wie Manchester so irrational? Warum werden gerade bei solchen Ereignissen menschenverachtende Sprüche en masse abgesondert? Ist die Tat eines kriminellen in Manchester geborenen Engländers mit nahöstlichen Wurzeln per se „schlimmer“ als die Tat eines kriminellen deutschen Co-Piloten, obwohl letzterer deutlich mehr Menschen getötet hat?

Ich bin sauer und wütend – aber eigentlich weiß ich im Augenblick nicht, auf wen ich sauer und wütend sein soll!

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